Das war Radio 2014

Welche Themen beschäftigten Radiomacherinnen und Radiomacher im vergangenen Jahr? Eine Linksammlung von Felix Unholz.

 

1. Radionachrichten sind farblos. Wie gestalten wir sie bunt?

 

Wie könnten die Radionachrichten der Zukunft aussehen? Die «Werkstatt Nachrichtenzukunft», bei der sich Mitarbeiter von privaten und öffentlich-rechtlichen Radiosendern beim MDR in Magdeburg trafen, brachte eine kontroverse Debatte ins Rollen und lieferte bereits erste praktische Ideen zu neuen Formaten. Treffend charakterisiert Dietz Schwiesau die Probleme klassischer Nachrichtensendungen: «Farblos, leblos, emotionslos», und unterstreicht, wie wichtig diese Debatte für die Zukunft des Radios ist. Sogar in vielen modernen Formaten klingen Radionachrichten immer noch wie ein Fremdkörper: Abgelesen statt erzählt, unverständlich statt hörernah.

Wie Radio in Farbe klingen könnte, zeigen die zahlreichen Hörbeispiele und Blogbeiträge, die auf Twitter unter dem Hashtag #Newsneu zu finden sind.

Im Blog von Sandra Müller sind die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt zu hören und 15 Thesen zur Zukunft der Radionachrichten nachzulesen. Bastian Sorge denkt in seinem Essay «Bloss keine Reförmchen» darüber nach, wie Radionachrichten aus dem Schema der Nachrichtenpyramide herauszulösen sind und schlägt als mögliches Format das «Nachrichtengespräch» zwischen Moderator und Redaktor vor. Marc Krüger fordert in seinen 12 Thesen unter anderem die Abschaffung der anachronistisch wirkenden Ortsmarken und eine verständliche Sprache. Tipps für eine Entfloskelung der Radionachrichten gibt es in Udo Stiehls Nachrichtengiftschrank und seinem Ableger Floskelwolke.

Wie #Newsneu in der Praxis klingen, zeigte Felix Gebhardt dieses Jahr immer wieder bei MDR Sputnik.

Bei seinen News zum Bahnstreik steigt er gleich mit einer emotionalen Kurzumfrage ein:

Geht es ums Thema Cannabis am Steuer, kommen via Whatsapp die Hörer zu Wort:

Dass #Newsneu auch bei harten Newsthemen wie einer tödlichen Schiesserei möglich ist, zeigt die Einbindung eines O-Tons vom Kurzvideodienst Vine:

Und warum zur Auflockerung nicht einmal eine Collage in den Nachrichten? Antenne-Bayern-Reporter Stefan Burkert berichtet vom Fasching:

Für buntere Radionachrichten steigen ihre Macher auch schon einmal auf den Tisch oder greifen zu anderen unkonventionellen Methoden:

Im Jahr 2015 wird die Diskussion über neue Nachrichtenformate in einem Workshop an der ZDF Medienakademie in Hannover, dem Workshop «Barrierefreie Radio-Nachrichten» in Köln und hoffentlich in vielen Redaktionen und Funkhäusern weitergehen.

 

2. Das Telefon ist tot. Es lebe das Smartphone!

 

Noch vor zehn Jahren hätte ein Moderator das Futter seines Hausschweins verlosen können und die Telefonleitungen wären alle besetzt gewesen. Dann kamen Facebook, Twitter und Instagram und im Vergleich zu vorher rief keine Sau mehr an.

Unter dem Begriff «Social Radio» wurde 2014 in der Radioszene über die «neue» Hörer(ein)bindung via soziale Medien diskutiert. Daniel Fiene enttarnte das Kunstwort in seinem Pamphlet jedoch als unbrauchbar:

«Liebe Radiomacher, achtet mehr auf die Kommunikationskanäle, die sich Hörer wünschen. Macht euer Programm teilbar und erreichbar und klebt keine Plastikbegriffe wie ‹Social Radio› drauf.»

Zu welcher Hörerbindung das Radio fähig war und ist, zeigen die Social Media Charts von Sebastian Pertsch.

Whatsapp_LogoNach einem kurz anhaltenden Hype der App Quizduell – Moderatoren spielten gegen die Hörer – wurde 2014 zum Jahr von WhatsApp: Radios von Arabella bis Regenbogen sind nun per WhatsApp erreichbar. Wie WhatsApp in eine Morgensendung eingebaut werden kann, illustrieren die Hörbeispiele in diesem Artikel.

Auch beim Ostschweizer Radio FM1 experimentierten wir im Rahmen der FM1 Dialektwoche mit WhatsApp. Hörerinnen und Hörer schickten uns innerhalb einer Woche mehrere hundert Dialektwörter. Obwohl wir den WhatsApp-Account derzeit nicht aktiv nutzen, erreichen uns fast täglich einige Hörernachrichten.

Mit den neuen Herausforderungen, die sich für Medienredaktionen im Umgang mit Whatsapp stellen, beschäftigt sich diese Ausgabe von «Eine Stunde Was mit Medien».

Es wird sich weisen, wer sich auf dem Smartphone der Hörerinnen und Hörer einen Stammplatz ergattert. Fest steht: So sozial wie 2014 war das Radio noch nie.

 

3. UKW – Digitalradio – Internet? Die Inhalte zählen!

 

Und jetzt alle zusammen: Let’s get digital!

Diese holländischen On-Air-Personalities tanzen, um die Hörer vom Digitalradio zu überzeugen. Kritiker in Deutschland halten den Umstieg aufs Digitalradio bereits für gescheitert und würden am liebsten zum Blechbüchsenradio zurückkehren. Gleichzeitig stellt die Schweiz die Weichen für den UKW-Ausstieg. Zweifellos muss die Diskussion um die Verbreitungswege von Radio weitergehen.

2014 besannen sich viele Radiomacher aber auch auf ihre Kernkompetenz zurück: Interessanten Inhalt zu produzieren. Dieser Meinungsbeitrag bringt es auf den Punkt: «Analog? Digital? Egal! Aufs Programm kommt’s an!».

Lineares Radio im klassischen Sinne ist wohl dann am spannendsten, wenn es menschelt und live ist. Ein Begleiter, der gerade jetzt in diesem Moment für die Hörer da ist, lässt sich von keinem Algorithmus der Welt ersetzen. Für ehrliches und glaubwürdiges Radio setzte sich 2014 auch wieder die Initiative Fair-Radio erfolgreich ein.

Was den Verbreitungsweg Internet betrifft, so hat Stan Alcorn sich im Januar 2014 die Frage gestellt, ob Audio im Internet überhaupt eine virale Verbreitung erfahren kann. Ein Experiment von NPR brachte erste Erfolge zutage. Schliesslich veröffentlichte NPR die NPR-One-App, die ein personalisiertes Programm aus News und Beiträgen zusammenstellt. Eine Art Spotify fürs Radio.

Die Antwort, ob Audio-Content viral überhaupt funktioniert, gab Ende 2014 schliesslich der millionenfach angeklickte Podcast Serial: «Dieser Podcast ist besser als jeder Tatort». Bemerkenswert ist auch das Kollektiv Radiotopia, das sich hauptsächlich durch Crowdfunding finanziert und mit seinen Podcasts monatlich über 3 Millionen Downloads erreicht.

Da verwundert es nicht, dass Spotify darüber nachzudenken scheint, demnächst Podcasts anzubieten.

In diesem Sinne esse ich nun einen Keks aufs vergangene Radiojahr und wünsche uns allen – Radiomacherinnen und Radiomachern, Hörerinnen und Hörern – viel Optimismus fürs Radiojahr 2015!

Radiokeks

Ich freue mich über Feedback zur Linksammlung und über weitere spannende Radiolinks via Twitter: @felixunholz.
Danke an Sandra Müller (@radiomachen) für die Inputs zu NPR One und Radiotopia.